Wer Heuchler und Hetzer „bei der Arbeit“ erleben will, muss nur bei YouTube „Pforzheim nazifrei“ eingeben. Zu sehen bekommt man eine Onlinediskussion einiger eifernder AfD-Gegner. Die hatten sich unlängst willig vor den Wahlkampf-Karren der SPD-Frau Katja Mast spannen lassen.

Motto der Veranstaltung: „Die Methode AfD“. Ein gleichnamiges Buch kam kürzlich auf den Markt. Zwei junge „Autor*innen“ weiblichen Geschlechts mühen sich darin, die angeblich geheime AfD-Strategie zur Machtergreifung zu „entlarven“. Die ist offenbar so geheim, dass sie noch nicht einmal mir, als Insider, bekannt ist.

Wenn die Diskutanten bereit wären, den einen oder anderen halbwegs vorzeigbaren AfD-Vertreter zu ihren Diskussionszirkeln einzuladen, dann würden Analysen wie diese möglicherweise etwas weniger „kreativ“ und „schröcklich“ geraten. Aber genau hier liegt ja der Hund begraben:

Man redet lieber über die AfD als mit ihr. Rami Suliman, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Pforzheims und Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, räumt ja auch unumwunden ein, dass der AfD-Fraktionsvorsitzende ihm seine ausgestreckte Hand anbot, er aber „nie mit der AfD in Kontakt treten“ werde. Das Ross ist offenbar sehr hoch, auf dem der Mann sitzt. Schade!

Oder der Gründer des „Bündnis Pforzheim nazifrei“ – die Personifizierung von gelebter Verlogenheit, Heuchelei und Selbstgerechtigkeit. Was denkt sich dieser Mensch dabei, eine gesamte demokratisch legitimierte Partei samt CDU-Bundestagskandidaten Maaßen unter seinem Nazi-Label anzugreifen? Merkt er denn nicht, dass er geistige Brandstiftung betreibt? Was für eine Chuzpe, sich auch noch des Slogans „Solidarisch gegen Hetze und Gewalt“ zu bedienen! Geht es noch scheinheiliger?

Kennt Gerhard Baral die berühmten Worte des Schriftstellers Ignazio Silone: „Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“

Den beiden jungen „Autor*innen“ weiblichen Geschlechts ist zu wünschen, dass sie bei ihrem nächsten Buchprojekt den Blick etwas weiten mögen. Warum nicht mal den Titel „Die Methode der Linken“ wählen? Diese Methode ist recht simpel: Man besetzt Begriffe und bezeichnet sich selbst wahlweise als Antifaschist, als Demokrat, als die Mitte, als tolerant, friedfertig oder solidarisch – schon hat man Andersdenkende ins Abseits und in ein schiefes Licht gesetzt.

Und was den Vorwurf betrifft, die AfD verändere Deutschland, auch hier schadet es nicht, die etwas komplexere Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Parteien zu betrachten. Denn im Wesentlichen ist das Entstehen der AfD auf die eklatanten Fehlentwicklungen in der Ära Merkel zurückzuführen. Die Alternative für Deutschland artikuliert „nur“ die Unzufriedenheit eines Teils der Bevölkerung. Eine solche Stimmung muss latent vorhanden sein – künstlich erzeugen lässt sie sich nicht.

Und ein Letztes: Wenn Herr Baral die Veränderung von Sprache beklagt, hat er sogar die Zustimmung der AfD. Auch wir halten Begriffsneuschöpfungen wie „Klimaleugner“ oder „Ausländer-Hasser“ für schlimme Simplifizierungen und das Gendern für eine Zumutung. Auch darüber wären wir bereit zu reden – nur, mit wem, wenn Ihr alle Berührungsängste habt?